Tag Sammlerfreunde,
manchmal tauchen Nachlässe aus der Kriegszeit auf die so besonders sind, dass man einfach etwas darüber berichten muss.
In diesem Fall wurden mir durch Herrn Kay Brüggemann der Firma Helmut Weitze Hamburg via Telefon mitgeteilt, dass dort grade ein Nachlass eines Marinesoldaten aufgekauft wurde. Im ersten Moment nichts besonderes (dachte ich mir), aber im Laufe des Telefongespräches wurde mir schnell bewusst was dort wirklich erstanden worden ist. Es handelte sich um einen Nachlass zur Ehrentafelspange der Kriegsmarine. Nicht nur das es wenige Verleihungen der Ehrentafelspange gab (29 Stück laut Literatur) sondern auch das hier eine der ganz wenigen relativ kompletten und geschlossenen Gruppen vorlag, die am Sammlermarkt kaum wenn nicht sogar überhaupt nicht zu finden sind.
Nach der Übermittlung der Bilddaten und aller vorhandenen Informationen zu Kurt Graf (im Übrigen nicht sehr viel) habe ich versucht über diverse Kanäle an Informationen zu dem Beliehenen zu gelangen. Leider blieben alle versuche erfolglos und ich musste aus den vorhanden Informationen einen Kurzbericht fertigen.
Sollte einer der Leser doch wiedererwartend etwas mehr Informationen zu Kurt Graf haben, würde ich mich freuen wenn ich kontaktiert werden könnte um den Bericht zu erweitern.
Soweit ich es aus den vorhandenen Unterlagen nachvollziehen kann ist Graf schon von Anfang an bei den Schnellbooten / bei der Schnellbootwaffe gewesen. Die Verleihung zum Eisernen Kreuz 2. Klasse kam schon als Matrose 1940 durch Kapitän zur See Hans Bütow, Führer der Torpedoboote. Somit verdiente Graf sich diese Auszeichnung scheinbar im Unternehmen Weserübung / Norwegenfeldzug.
Das Schnellboots-Kriegsabzeichen bekam er als Matrosengefreiter vom Kommando der 1. Schnellbootsflottille ausgestellt am 16.12.1940.
Hier einige Fakten zu den damaligen Schnellbooten:
Das Schnellboot ist ein offensives Kampfmittel für den küstennahen Einsatz. Daten dieser Boote zu Verdeutlichung anhand von dem Boot S26 (u.a. Kdt Ritterkreuzträger Kurt Fimmen): 92,5 Tonnen schwer, 35 m lang und 5 m breit. Mit einer 6000 PS Maschine waren auf ruhiger See bis 39 Knoten möglich. Im 2. Weltkrieg hatten die deutschen Schnellboote mehr als 40 Kriegsschiffe versenkt und weitere 14 schwer beschädigt. Über 100 Handelsschiffe wurden versenkt – weitere 15 stark beschädigt.
Die zahlreichen nicht dokumentierten Beschädigungen an feindlichem Schiffsraum, die Bindung der feindlichen Abwehr, die Einsätze zur Unterstützung des Heeres sowie zuletzt die Rückführung deutscher Soldaten und Zivilisten in der Ostsee runden die erfolgreichen Einsätze der Flottillen ab.
S-Boote waren an allen Küsten Europas, in Nordafrika und im Schwarzen Meer im Einsatz.
Durch sicherlich weiterhin tapferes steuern eines Schnellbootes im Gefecht erlangte Graf schon 1941 das Eiserne Kreuz 1. Klasse.
Im Jahre 1943 wurde Graf zusammen mit dem Schnellboot S26 und dem Kommandanten Kurt Fimmen in Schwarze Meer verlegt. Hierzu wurden die Boote teilweise zerlegt und über Land zum Einsatzort transportiert. Eine unglaubliche Leistung die auch in diversen Büchern sehr gut beschrieben worden ist aber den Rahmen dieses Berichtes sprengen würde.
Bei dem Einsatz auf der Krim hat Graf den Krimschild mit Wirkung zum 01.03.1943 verliehen bekommen und sicherlich auch die Bedingungen zur Verleihung des Kuban Schildes dort erfüllt. Den Kuban Schild erhielt er mit Wirkung zum 08.12.1944. Alle Einsätze im Schwarzen Meer und herum um den Kuban Brückenkopf sind abendfüllend und spannend zu lesen und eine empfehlenswerte Lektüre.
Am 25. Oktober 1944 wurde Kurt Graf mit der Ehrentafelspange der Kriegsmarine ausgezeichnet. Hierzu folgende Hintergrundinformation zur Ehrentafel:
Die Einführung der Ehrentafel der Deutschen Kriegsmarine wurde mit Erlass vom 23.2.43 durch den Oberbefehlshaber der Marine bestimmt. In der Ehrentafel wurden alle Ritterkreuzträger sowie die Träger des Deutschen Kreuzes in Gold genannt. Darüber hinaus konnten auch Männer erwähnt werden, die das Eisernes Kreuz 1. Klasse besaßen und deren Tat nicht ganz für das Ritterkreuz oder Deutsche Kreuz in Gold ausreichte. Für diesen Personenkreis bedeutete die Nennung in der Ehrentafel eine besondere Ehrung, die zunächst aber nicht sichtbar war. Aus diesem Grund wurde am 13.5.44 die Ehrentafelspange gestiftet. Die bisher Genannten ohne Ritterkreuz oder Deutsches Kreuz in Gold erhielten rückwirkend die Ehrentafelspange.
Insgesamt erschienen 21 Ehrentafelbeilagen zum Marineverordnungsblatt, in denen 1.254 Soldaten genannt wurden. 149 davon wurden mit dem Ritterkreuz, 1.081 mit dem Deutschen Kreuz in Gold ausgezeichnet, so dass 24 Soldaten keine der beiden Auszeichnungen besaßen und daher mit der Ehrentafelspange dekoriert worden sind.
Fünf weitere Namen waren für die Ehrentafel vorgesehen, die jedoch gegen Ende des Krieges nicht mehr veröffentlicht wurden. Insgesamt kommt man also auf 29 Namen:
Bitterer, Wilhelm (* 12.03.1911 in Wien)
Nennung am 11.01.45 / Verleihung am 09.12.44
als OLt. (W), Leiter eines Sprengkommandos, Sperrwaffeninspektion
Cordesmeier, Paul (* 23.11.1914 in Schöttmar/Lippe)
Nennung am 09.10.44 / Verleihung am 26.10.44
als OLt.(V) (KrO), Flottillenverwaltungsoffizier 7.Vorpostenflottille
Eggers, August (* 11.11.1909 in Friedrichstadt/Eider)
Nennung am 18.11.44 / Verleihung am?.?.44
als KLt., Kdt. K 4 (1.Sperrbrecherflottille)
Fischer, Klaus (* 28.06.1913 in Blumenthal/Weser)
Nennung am ?.?.45 / Verleihung am 13.02..45
als OLt.(MA) d.R., Führer eines Begleitkommandos 4./MAA 613
Graf, Kurt (* 13.12.1920 in Memel)
Nennung am 18.11.44 / Verleihung am 25.10.44
als MatrObergefr., Gefechtsrudergänger S 26 (1.Schnellbootsflottille)
Hetz, Karl (* 11.05.1910 in Hanau)
Nennung am ? / Verleihung am 01.02.45
als KKpt., Kdt. Z 34
Kayser, Günther (* 25.01.1897 in Krakow)
Nennung am 10.10.43 / Verleihung am 06.09.44
als KLt.d.R., Kdt. M 1102 (11.Minensuchflottille)
Kirchhoff, Joost (* 02.03.1914 in Dyksterhusen)
Nennung am 11.01.45 / Verleihung am ?.?.45
als Lt.z.S. (KrO), Kdt. RA 3830 u. Gruppenfhr.i.d. 38.Minensuchflottille
Knauth, Karl-Heinz (* 11.01.1915 in Darmstadt)
Nennung am 08.11.43 / Verleihung am 06.09.44
als OLt.z.S., WO Minenschiff Roland
Kronejung, Günter (* 12.06.1917 in Solingen)
Nennung am 17.12.44 / Verleihung am 11.11.44
als OLt.(MA) d.R., Batteriechef 3./20.Marinebordflakabt.
Kruse, Richard (* 27.08.1915 in Borstel/Schleswig-Holstein)
Nennung am 08.11.43 / Verleihung am 06.09.44
als Bootsmannsmaat a.K., Kdt. eines Sonderfahrzeuges i.d. Schnellbootsschulflottille
Lerch, Kurt (* 20.10.1912 in Stralsund)
Nennung am 08.11.43 / Verleihung am 06.09.44
als KLt. u. Sonderführer, Kdt. eines Minenschiffes
Müller, Heinz (* 29.01.1911 in Leer/Ostfriesland)
Nennung am ? / Verleihung am 10.01.45
als OLt.z.S.d.R., Kdt. Flj.23 (11.Vorpostenflottille)
Nordt, Otto (* 12.01.1902 in Dreschwitz/Rügen)
Nennung am 08.11.43 / Verleihung am ?.?.44
als KLt., Kdt. M 476 und Gruppenfhr. i.d. 26.Minensuchflottille
(später Ritterkreuzträger)
Offermann, Franz (* 21.10.1908 in Wesel/Rhein)
Nennung am 11.01.45 / Verleihung am 13.12.44
als KLt.(MA), Chef 2./MArtAbt.286
Pampuch, Alois (* 16.06.1920 in Wäldchen/Oppeln)
Nennung am 18.11.44 / Verleihung am 25.10.44
als Oberbootsmannsmaat, Seem.Nr.1 u.Flakführer UJ 2101 (21.U-Jagd-Fl.)
Paul, Karl (* 19.03.1908 in Kiel)
Nennung am ? / Verleihung am 01.02.45
als Kdt. Z 31
Paulshen, Ottokar (* 11.10.1915 in Charlottenburg/Berlin)
Nennung am 09.10.44 / Verleihung am 26.10.44
als KKpt., Kdt. U 557
Rademaker, Hans (* 23.03.1915 in Bonn)
Nennung am 31.12.43 / Verleihung am 06.09.44
als OLt.(MA) d.R., Bttr.-Chef i.d. MArtAbt.242
Rössger, Ruprecht (* 30.08.1915 in Leipzig)
Nennung am 18.11.44 / Verleihung am ?.?.44
als KLt., Chef 21.Räumbootsflottille
Rübel, Gustav (* 29.06.1898 in Dortmund)
Nennung am 08.11.43 / Verleihung am ?.?.44
als KKpt.d.R., Kdt. Minenschiff Brandenburg
Schmalenbach, Paul (* 21.08.1909 in Schalksmühle/Altena)
Nennung am ? / Verleihung am 11.04.45
als KKpt., I.AO Prinz Eugen
Schütz, Ulrich (* 18.02.1915 in Lehe/Stade)
Nennung am 11.01.45 / Verleihung am 02.12.44
als OLt.z.S.d.R., Führer einer Marinefährprahm-Gruppe i.d. 15.Landungsflottille
Schwarz, Paul (* 04.12.1905 in Rädnitz/Oder)
Nennung am 28.06.43 / Verleihung am 06.09.44
als OLt.(Ing.) (KrO), Lecksicherungsoffizier Gneisenau
Weilkes, Friedrich (* 06.12.1906 in Essen)
Nennung am 11.01.45 / Verleihung am 09.12.44
als Oberwaffenwart(Spr.), Sprengsonderkdo., Sperrwaffeninspektion
Weiss, Günther (* 03.10.1918 in Kiel)
Nennung am 08.11.43 / Verleihung am 06.09.44
als Bootsmannsmaat, Kdt. eines Sonderfahrzeuges i.d. 10.Landungsflottille
Wilhelm, Herbert (* 12.11.1916)
Nennung am 11.01.45 / Verleihung am 09.12.44
als Obermechanikermaat (Spr.), Sprengsonderkdo., Sperrwaffeninspektion
Wolf, Alfred (* 11.07.1903 in Berlin)
Nennung am 11.01.45 / Verleihung am 02.12.44
als Sonderführer (OStrm.), Kdt. Netzleger Rau 7
Wolf, Emil (* 12.12.1893 in Siegen)
Nennung am 06.09.44 / Verleihung am 21.09.44
als OLt.z.S.d.R., Kdt. UJ 2144 (21.U-Jagd-Flottille)
Weiterhin wurde Kurt Graf am 14. Mai 1945 (also nach Kriegsende) noch mit
dem Deutsche Kreuz in Gold ausgezeichnet und ist in der Ehrentafel der Kriegsmarine vom 18.11.1944 genannt. Das alles sicherlich auch für fortwährende Tapferkeit für 6 Jahre auf Schnellbooten der Kriegsmarine, 178 Feindfahrten und einer dokumentierten Verwundung.
Unterm Strich für mich als Marinesoldat ein Highlight im Bereich der Marinenachlässe und ich hoffe das es noch weitere Informationen zum Soldaten Kurt Graf geben wird.
Auf diesem Wege nochmals meinen Dank an die Firma Helmut Weitze in Hamburg und Herrn Kay Brüggemann für die Überlassung des Bildmaterials zur Ehrentafelspange.
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Sammlergruß
Sascha
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